In Europa werden Zuckersteuern und Einschränkungen bei der Bewerbung diskutiert – Österreich hinkt nach.
Durchschnittlich 80 Gramm Zucker pro Tag konsumieren die Österreicher:innen. Krankheiten sind am Vormarsch: Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO waren in Österreich 2019/2020 rund 30 Prozent der acht- und neunjährigen Buben übergewichtig, adipös oder sogar extrem adipös. Bei den gleichaltrigen Mädchen war der Anteil nur leicht geringer.
Diskussionen um gesundheitliche Auswirkungen von Zucker-Konsum werden in der EU häufiger. Von Initiativen wird bereits seit Jahren ein Werbeverbot für zuckerhaltige Lebensmittel, die für Kinder besonders attraktiv sind, gefordert.
In Deutschland wird über die Einführung einer Zuckersteuer diskutiert. Eine solche hat in Großbritannien, wo sie vor fünf Jahren in Kraft getreten ist, bereits Wirkung gezeigt: Um Getränkehersteller dazu zu bewegen, weniger Zucker in ihre Drinks zu mischen, ist etwa für Limonaden, die mehr als fünf Gramm Zucker pro 100 Milliliter enthalten, ein Aufpreis von umgerechnet 22 Cent pro Liter fällig.
Die Universität Cambridge bestätigte nun mit Trendrechnungen, dass mehr als 5.000 Fälle von Übergewicht bei Kindern in Großbritannien verhindert wurden.
Das österreichische Gesundheitsministerium erklärte auf Anfrage des Südwind-Magazins, einer Zuckersteuer offen gegenüberzustehen. Eine solche dürfte „nach derzeitigen Erkenntnissen einen konkreten Beitrag zur Förderung einer gesunden Ernährung leisten“, so die Pressestelle, die dabei in Sachen Zuständigkeit auf das Finanzministerium verweist.
Auch eine Regelung in Sachen an Kinder gerichtete Werbung unterstützt das Gesundheitsministerium. Umzusetzen sei diese vom Kanzleramt.
Nur Anreize zu schaffen reiche jedenfalls nicht aus: Aus internationalen Studien sei bekannt, so das Gesundheitsministerium, „dass von Selbstverpflichtungen aufgrund der Unverbindlichkeit keine feststellbaren Effekte der Reduktion von an Kinder gerichtete Werbung zu erwarten sind“.
Rotweißroter Zucker. Angebaut wird hierzulande Zucker, in Form der Zuckerrübe, in Niederösterreich, dem Burgenland und in Oberösterreich. Geerntet wird zwischen Mitte September und Ende November.
In Österreich wurden laut Landwirtschaftsministerium im Jahr 2021 von rund 5.100 Rübenbaubetrieben auf 37.600 Hektar Zuckerrüben angebaut, mehr als z. B. Kartoffeln. Zum Vergleich: In Deutschland schwankte die Anbaufläche in den vergangenen vier Erntejahren zwischen 350.000 und 400.000 Hektar.
Hierzulande wurden dabei 2020/2021 laut Statistik Austria 307.000 Tonnen Zucker erzeugt. Größter wirtschaftlicher Player in Österreich ist die Agrana, laut Unternehmensangaben Weltmarktführer in der Herstellung von Fruchtzubereitungen.
Schluss mit Insektiziden? Lange wurde auch in unseren Breitengraden Zuckerrübensaatgut mit Neonicotinoiden behandelt. Im Jänner entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass das nicht mehr geht.
Neonicotinoide wurden zum Schutz von Bienen bereits 2018 EU-weit verboten, „Notfallzulassungen“ waren aber möglich. Umweltschutzorganisationen wie Global 2000 kritisierten die heimische Agrarpolitik – ein Anfang 2023 veröffentlichter Bericht identifizierte Österreich als EU-weiter Spitzenreiter bei Notfallzulassungen.
Seit dem EuGH-Urteil habe Österreich erfreulicherweise keine mehr zugelassen, so Global 2000 gegenüber dem Südwind-Magazin.
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